An dieser Stelle wenden wir uns dem Raum und
Repräsentationsapparat "Cyberspace" zu, in dem und in Bezug zu
welchem sich cyberfeministische Strategien verorten. Auch hier stellt sich
für eine feministische Annäherung die Frage des Blickwinkels,
die Frage, was fokussiert wird, mit welcher Linse gearbeitet wird. Uns
erscheint es besonders wichtig, ökonomische Zusammenhänge und
Machtbeziehungen zu betrachten bzw. nicht aus dem Blick zu verlieren.
Durch diese wird der "Cyberspace" als materieller und diskursiver
Machtapparat produziert.
Eng verbunden damit sind die Ökonomien des Begehrens, die den
"Cyberspace" als solchen kreieren und ihn als Ort des Begehrens und
fiktionalen Raum strukturieren. Es findet eine Produktion von Phantasie
und Zukunftsprojektion statt, die uns z.B. vom "Cyberspace" sprechen
läßt - anstatt vom Internet, welches als gegenwärtig
technisch mögliche, materielle Realisierung des Cyberspace gelten
kann.
Mit diesem Kapitel wollen wir einen Einblick in die Diskurse geben,
die das Bild der "Frau" in Rußland prägen und die "Frau"
hervorbringen,
und versuchen, einige der Entstehungsprozesse nachzuzeichnen. Wir
betrachten
die Diskurse um die "Frau" und die Frauen vor allem unter dem Aspekt der
Räume, die diesen zugewiesen werden. In unserer Darstellung
orientieren
wir uns hauptsächlich an den Auseinandersetzungen und Schwerpunkten
rußländischer Feministinnen. In diesen vermischen sich oft die
Begriffe von "Frau" und Frauen, da es zumeist darum geht, der "Frau" die
Realität der Frauen gegenüberzustellen, und diese recht
verallgemeinernd
beschrieben wird. (wie auch in Texten nicht-rußländischer
Theoretikerinnen).
Einen wesentlichen Bereich der theoretischen Aufarbeitung stellt die
Auseinandersetzung mit der sowjetischen Vergangenheit, ihren
Geschlechterkonstruktionen
und Konsequenzen für Frauen und feministische Politik dar. In engem
Zusammenhang damit stehen die Ausprägungen von Individualität
und Kollektivität und die Formierung bzw. Neuformierung von privaten
und öffentlichen Räumen und die damit verbundenen
geschlechtspezifischen
Zuweisungen. Mit der Betrachtung von Kommerzialisierung und Sexualisierung
von Frauenkörpern zeigen wir die Produktion der "Frau" auf einer sehr
offensichtlichen Ebene. Im Kontrast dazu steht das Bild der Mutter, mit
dem sich auch die Cyberfeministinnen schwerpunktmäßig
auseinandersetzen.
Ihm soll deshalb ein weiteres Kapitel gewidmet sein. Diese Darstellung
der diskursiven Zuweisungen soll abschließend durch eine Skizzierung
der ökonomischen Situation von Frauen ergänzt werden.
Wir haben versucht, wesentliche "Ausgangsbedingungen" für
feministische
und cyberfeministische Politiken darzustellen, wobei wir uns bereits auf
feministische Analysen der Geschlechterverhältnisse gestützt
haben. Darüber hinausgehend soll in diesem Kapitel ein Einblick in
die feministischen Diskurse bzw. in die Diskussion um Feminismus und seine
Möglichkeiten gegeben werden.
Hierbei geht es zunächst um eine kurze Darstellung der Entwicklung
und Differenzierung der Frauenbewegung in Rußland und eine
Problematisierung
des Begriffes "Feminismus" in Bezug auf Rußland. In diesem
Zusammenhang
wird es vor allem auch darum gehen, warum sich die dortigen
Verhältnisse
nur schlecht mit einem westeuropäischen oder US-amerikanischen
Verständnis
von Feminismus erfassen lassen. Im Zusammenhang mit den Schwierigkeiten
des Begriffes werden wir auf Gründe eingehen, die feministische
Politik
erschweren und vor allem auch bei Frauen Ablehnung hervorrufen.
Abschließend werden wir die Frage erörtern, welche
Räume
von den Aktistinnen der Frauenbewegung beansprucht werden.