2. Frauen, die sich als Cyberfeministinnen bezeichnen, reagieren in
erster Linie auf das Aufkommen neuer Technologien und agieren aus der
Notwendigkeit heraus, sich mit diesen auseinanderzusetzen und Räume
für Frauen zu besetzen.
Anfängliche Euphorie und Enthusiasmus (z.B. Plant, Haraway)
weichen immer mehr einer "Einsicht in die Notwendigkeit". Utopien werden
vor allem als solche, nämlich als utopisch, formuliert,
Möglichkeiten vor allem auf der diskursiven (symbolischen) Ebene
gesehen.
3. Ihr Politikbegriff könnte am allgemeinsten als "subversiv"
bezeichnet werden. "Revolutionäres" Pathos, wie es bei
männlichen Zeitgenossen zu beobachten ist, ist hier eher nicht zu
bemerken.
Cyberfeministische Praktiken sind in diesem Sinne strategisch,
kurzfristig, anti-essentialistisch, minoritär, parodistisch,
ästhetisch ...
4. Cyberfeminismus muß unseren Erachtens eine radikale Kritik neuer Medien und Technologien leisten und Modelle entmythisieren, die vom Cyberspace als einem machtfreien, pluralistischen, körperlosen und strukturell demokratischen Raum ausgehen.
5. Cyberfeministische Ansätze von virtuellen Räumen beziehen sich in auffälliger Weise auf Körper. Keine schreibt von Entkörperung, körperlosem Raum oder einer Überwindung von Körperlichkeit, worauf männliche Utopien größtenteils verweisen [siehe Barlow, Bolz, Gibson (Cyberpunk)]. Explizit im Mittelpunkt steht Verkörperung z.B. bei Aristarkhova, Mitrofanova, Jahrmann...
6. Cyberspace muß als ein diskursiver, sprachlich und auch materiell strukturierter Raum begriffen werden, der somit von Machtverhältnissen durchzogen ist.
7. Cyberspace umfaßt nicht nur (den) virtuellen Raum im Sinne von
Software-Oberflächen, sondern erstreckt sich über dessen
Gestaltung bis hin zur Herstellung von Hardware und die Produktion von
Wissen.
Cyberfeministische Ansätze müssen die Frauen in der
Halbleiterindustrie genauso einbeziehen wie Teleworkerinnen und
männliche Designer.
Für uns ist Cyberspace mit einer Diskussion von Arbeit und
Arbeitsverhältnissen unter globalisierten und neoliberalen
Bedingungen gekoppelt.
In diese Richtungen weisen die Ansätze von Wilding, Biemann,
Aristarkhova, Jahrmann. (Für die gesamte Bandbreite von Plant bis Biemann steht das old boys network...)
8. Wir lehnen cyberfeministische Ansätze als bürgerlich und elitär ab, welche die realen kapitalistischen Herrschaftsverhältnisse ausblenden.
9. Neue Technologien können gesellschaftliche Verhältnisse
ändern bzw. neue Möglichkeiten eröffnen, wie z.B. die
Aufweichung von Geschlechterkategorien, doch nur auf dem Rücken
Anderer, d.h. durch die Einführung neuer bzw. Verfestigung alter
Kategorien (z.B. Verstärkung rassistischer Tendenzen). Es findet
immer nur eine Verschiebung von Hierarchien statt.