reise
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Unser auf Rußland bezogenes Projekt muß sich der Problematik des Schreibens über die "Anderen" aus der Perspektive des hegemonialen westlichen Blicks stellen. Somit erfordert unsere Positionierung innerhalb dieser Perspektive eine Verantwortlichkeit für die "Praktiken, die uns Macht verleihen" (87). Darunter verstehen wir mit Haraway eine Selbstverortung innerhalb machtvoller Diskurse und Verantwortlichkeit für Wissen. Diese Verortung impliziert die Verwundbarkeit unserer eigenen Position, die wir aushalten und der wir uns stellen möchten. Haraway plädiert für ein "Netzwerk erdumspannender Verbindungen, das die Fähigkeit einschließt, zwischen sehr verschiedenen - und nach Macht differenzierten - Gemeinschaften Wissen zumindest teilweise zu übersetzen" (79). Wir versuchen, in einen solchen feministischen Übersetzungsprozeß "objektiven" Wissens zu treten, um mögliche Antworten auf unsere Fragen zu finden und cyber/feministische Strategien auszuprobieren. Dies versuchen wir mit der Überschreitung der Grenze zwischen Theorie und Praxis und der Auflösung des Subjekt-Objekt-Verhältnisses (z.B. durch selbstreflexive Methoden im Sinn teilnehmender Beobachtung). Außerdem leisten wir durch unsere gemeinsame Zusammenarbeit und den Austausch mit anderen und nicht zuletzt durch die Wahl unserer Quellen Kritik am westlichen Autorenmodell. Wir weben die verschiedenen theoretischen, praktischen und reflektiven Stränge in einem Text verdichteter Reflexion zusammen und schlagen die (An)Teilnahme an einem Projekt verschiedener Grenzüberschreitungen vor verdichtete ReflexionAls Ausgangspunkt der Reise durch unser Projekt - mit russischen Frauen, Cyber/Feministinnen, uns und unseren anderen Reisebegleiterinnen - wählen wir unsere GeschichteN: sie symbolisieren Orte, von denen aus viele Richtungen eingeschlagen werden können, die zur Reise einladen und Spuren vieler verschiedener Ereignisse verweben.Diese Metapher der Reise, verschiedenen Spuren folgend, steht für uns für die Idee der verdichteten Reflexion . Mit ihr führen wir viele Stränge und Ebenen zusammen und möchten den Blick auf vieles und in unterschiedliche Räume eröffnen. Wir verarbeiten in unserem Projekt Texte und Erfahrungen in und mit verschiedenen Ebenen, verlinken diese untereinander und setzen Verweise auf mehr: Ein dichtes Gewebe von Text, quasi ein Stück Hypertext , welches durch unser Online-Projekt mit dem Hypertext Internet verbunden ist. Es ist unvermeidlich, daß einiges am Wegesrand zurückbleiben muß, nachdem es uns eine Weile begleitet hat, wie ein Link, den es plötzlich nicht mehr gibt, weil die Zielreferenz umcodiert worden ist. Doch wird vieles wieder auftauchen und wiederkehren, und einiges begleitet die LeserIn sogar bis zum Ende. Insofern gibt es keinen chronologischen Ablauf, vieles muß vorweggenommen werden, was wir erst später erfahren. Somit ist unsere Reise auch eine Gratwanderung zwischen Räumen, Zeiten und Welten, zwischen Methoden und Ideen, entlang von Grenzen, die alle mehr oder weniger durchlässig und überwindbar sind. Hierbei ergeben sich Irritationen, die uns (und die LeserIn) aufreiben werden, wenn wir zu starr an der Annahme festhalten, daß wir alles erfassen können, daß wir das Ganze finden. Wir können nicht allen Ebenen und Spuren unserer Arbeit nachgehen und sie wiedergeben, es ergeben sich immer bestimmte Prioritäten. Aus unserer "partialen Perspektive" heraus werden wir versuchen, diese Prioritäten offenzulegen. Somit beschreiben wir im Folgenden die uns im Sinn einer feministischen "Objektivität" und Handlungsfähigkeit wichtigsten Ebenen, die in unsere verdichtete Reflexion einfließen. Überschreitung der Grenze zwischen Theorie und Praxis
Unsere Lektüre und Verarbeitung von Texten und Theorie zu (russischem) Feminismus, Cyberfeminismus und Cyberspace bildet den ersten Teil der Arbeit über cyberfeministische Strategien in Rußland. Mit diesem "Wissen" treten wir in das direkte (online) Gespräch mit russischen Feministinnen und Cyberfeministinnen, führen eine Online-Diskussion in Form einer Mailingliste. Diese veröffentlichen wir auf russisch und englisch auf den Seiten unseres Webprojekts, welches parallel zu unserer theoretischen Arbeit und der Diskussion entsteht und wächst. Somit versuchen wir, uns einer feministischen "Objektivität" anzunähern, in der Hoffnung, mit dieser (bedingt) öffentlich zugänglichen Diskussion verschiedene Blicke, sowohl den aus dem "Westen", als auch den aus Rußland bzw. von Russinnen aus Singapur und Deutschland thematisieren zu können. Das Web-Projekt, eine cyberfeministische Website mit Diskussionsforum, Linksammlung, den Gesprächen und unserer Arbeit im Entstehen (und mehr), entwerfen, gestalten und füllen wir in einem Prozeß des "learning by doing", parallel zu unserer Lektüre. Mit dieser Tätigkeit gehen wir der Frage nach, inwieweit und wie feministische Vernetzung und Wissensübersetzung im Cyberspace möglich ist und welche Schwierigkeiten entstehen. Wir möchten die Möglichkeiten des Mediums in Bezug auf Interaktivität erproben und unsere Erfahrungen mit den verschiedenen Grenzen vermitteln. Infragestellen der Subjekt-Objekt-Beziehung
Austausch
Wir möchten damit das westliche logozentristische Autorenkonzept in Frage stellen und deutlich machen, daß Gedanken in direkter Kommunikation entstehen. Somit gilt unsere Kritik nicht nur der Spaltung zwischen Objekt und Subjekt, sondern auch der Annahme einer individuellen und vereinzelten Produktion von Wissen und Macht. Doch stellen wir uns auch nicht als produzierendes Paar dar, welches einfach den individuellen Autorinnenstatus gegen ein Gruppen-Label austauscht. Unsere Arbeit entsteht in direktem Austausch mit und in unserem "Zusammenhang", ist ohne unser Umfeld nicht zu denken. Dieser Austausch reicht von Diskussionen über verschiedene Themenschwerpunkte, über technische Tips bis zu alltäglicher Unterstützung. An dieser Stelle möchten wir den Vielen danken, deren Gedanken und Arbeit in dieses Projekt eingeflossen sind, auch wenn sie oft nicht namentlich erwähnt werden. Konkreter tauchen in der Arbeit an vielen Stellen unsere verschiedenen Reisebegleiterinnen auf. Die Art des Austauschs mit ihnen und ihrer Begleitung variiert stark. So wählen wir uns ferne Autorinnen, die uns mit ihren Texten und Theorien begleiten , wie auch Reisegefährtinnen vor Ort, die in direktem Austausch mit uns stehen, uns Rat geben und sich auf eine gemeinsame Reise einlassen . Besonders hervorheben möchten wir unsere kontinuierlichste Reisebegleiterin Donna Haraway. In unserer Genealogie des Cyberfeminismus (Kapitel 2.3.) stellen wir sie als Theoretikerin und Vordenkerin des Cyberfeminismus vor. Außerdem gibt sie uns ein methodisches Handwerkszeug im Sinne feministischer Handlungsfähigkeit und einen möglichen Umgang mit den Neuen Technologien vor. Wir erforschen somit experimentell die Komplexität des gemeinsamen Arbeitens, welches uns Reibung und Widerstand bietet, aber auch einen erweiterten Blick und Genuß eröffnet. Somit ist feministisches Schreiben und Arbeiten eine Suche nach "verantwortlichem Vergnügen" (Slavoj ÎiÎek zit. in Aristarkhova 1999a), das wir in unserer Zusammenarbeit und im Austausch ausprobieren. Quellen und Arbeitsmittel
Bevor sich die LeserIn nun auf den Weg begibt, möchten wir ihr noch eine Übersicht über die von uns verwendeten Arbeitsmittel und Quellen geben. Unsere grenzüber-schreitende Arbeit führt zu vielen verschiedenen Ressourcen, die sich z.B. nicht nur auf theoretische Texte oder empirisches Interview-Material beschränken. Die Hauptquelle unserer theoretischen Arbeit bildet der Cyberspace selber. Das heißt, daß wir den Großteil der cyberfeministischen Texte und Projekte im www gesucht und gefunden haben . Dies ist insofern problematisch, da hier ein nicht zu übersehendes und qualitativ schwer einzuschätzendes Informationsangebot existiert. Hyperlinks veralten schnell, da www-Seiten häufig umstrukturiert oder gelöscht werden. Außerdem entstehen sehr schnell neue Projekte, so daß es letztendlich schwieriger ist, die Informationen sinnvoll zu filtern, als welche zu finden . Bei der Zitierweise ergibt sich dabei das Problem, daß oft keine Jahresangaben angegeben werden, wir also nur den Zeitpunkt nennen können, wann wir auf einer Site waren (download 00 00 0000), wann sie also existierte. Desweiteren gibt es bei Literatur aus dem Netz keine Seitenzahlen, was vor allem bei längeren Texten unpraktisch ist. Wir geben dann nur die AutorIn und das Jahr an. Für die theoretische Hinführung zum Thema Cyberfeminismus beziehen wir uns vor allem auf Printliteratur rußländischer Feministinnen. Besonders seit Anfang der 90er wurden sowohl in Rußland als auch im (westlichen) Ausland etliche Aufsatzsammlungen und Monographien von und über rußländische Feminismen herausgegeben. Weitere offline-Quellen sind für uns Literatur zu Medientheorie und Netzkritik und die Texte unserer Reisebegleiterinnen Donna Haraway, Teresa de Lauretis, Sabine Hark, Astrid Deuber-Mankowsky... Außerdem benutzen wir das Material unserer Tagebücher und Reflexionen, unsere e-mail-Kommunikation und GeschichteN. Einen wesentlichen Teil unseres Materials und unserer Erfahrungen bilden die Gespräche mit den russischen Cyber/Feministinnen. Das Online-Projekt ist im Internet auf den Seiten der Freien Universität Berlin zu finden (http://userpage.fu-berlin.de/~brat/cyberfemin.html). Nur dort ist es vollständig und im täglichen Wachsen vorzufinden. Wir legen es jedoch auch auf CD-Rom gebrannt dieser Arbeit bei. Sie kann mit den meisten Internet-Browsern gelesen werden. Die deutschsprachige Startdatei heißt "cyberfemin.html".
Bei russischen Begriffen benutzen wir die Regeln der wissenschaftlichen
Transkription. Nur bei Namen, die im deutschen Sprachgebrauch
geläufig sind, ziehen wir die gängige Umschreibung vor, z.B.
Jelzin (statt El'cin). Beim Zitieren russischer Texte verwenden wir - wenn
vorhanden - die englische oder deutsche Übersetzung im Text und
stellen das russische Original in die Fußnote . Zitate, die uns nur
im Russischen vorliegen, übersetzen wir selbst ins Deutsche. Eine
Ausnahme bilden dabei unsere Online-Diskussion, die wir aufgrund der
größeren "Öffentlichkeit" auf englisch ins Netz stellen .
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