(Unsere) Definitionen wichtiger Schlagwörter und
unserer Lieblingsbegriffe stehen keinesfalls für eine "Wahrheit".
Vielmehr werden
sie einer ständigen Bearbeitung unterzogen und verändern sich im
Laufe der Arbeit.
Kritik
von Euch ist jederzeit
willkommen, wie auch Hinweise auf andere Begriffe,
die in diesem Zusammenhang wichtig sein könnten.
Da wir auch gar nicht so schnell hinterher kommen, wie wir es gerne
würden, möchten wir an
dieser Stelle auf das Glossar der OMO-Homepage
verweisen, die in einem Seminar über "Transformation.
Postmoderne. Osten." entstanden ist.
Cyberspace
ist ein heiß umkämpfter sozialer Raum, ein diskursiver,
sprachlich und
auch materiell strukturierter Raum, der von Machtverhältnissen
durchzogen
ist. Der Begriff umfaßt nicht nur (den) virtuellen Raum im Sinne von
Softwareoberflächen, sondern erstreckt sich über dessen
Gestaltung bis hin zur Herstellung von Hardware und die Produktion von
Wissen.
"Cyberspace is a set of social relations mediated by technological flows
of
information."(ein Set von Beziehungen, die durch
technologische Ströme von Informationen vermittelt werden) (Rosi
Braidotti in: Difference, Diversity ans Nomadic Subjectivity, S.1)
(.)(.)zurück zur liste
Cyborg
cybernetic organism; Hybrid aus Maschine und Organismus;
Donna Haraway greift diesen Begriff von der Weltraumforschung auf, der
ursprünglich für die Idee stand, AstronautInnen (genetisch) so
zu verändern, daß sie optimal im Kosmos arbeiten und "leben"
können.
Für sie wird die Cyborg zur sozialistisch-feministischen AkteurIn
in einer spätkapitalistischen Welt der Technoscience.
Cyborgs sind für sie Geschöpfe der gesellschaftlichen
Wirklichkeit und der
Fiktion, eine imaginŠre Ressource, ein verdichtetes Bild unserer
imaginären und materiellen Realität(en). Sie sind Geschöpfe
einer Post-Gender-Welt und überzeugte AnhängerInnen von
Partialität, Ironie, Intimität und Perversität.
Sie sind oppositionell, utopisch und ohne jede Unschuld.
Deswegen ist sie besonders geignet für eine Politik der
Affinität und der Lust, ohne als illegitime Tochter der
Kriegsindustrie moralische Bedenken haben zu müssen.
(siehe vor allem Haraways "Manifest für Cyborg", 1995)
(.)(.)zurück zur liste
Dominanzkultur
"In einer Dominanzkultur zu leben bedeutet, ständig zu expansiven
Bemächtigungstendenzen ermuntert zu werden. Dabei stützen sich
gegenseitig die christliche Tradition, ein expansives Wirtschaftssystem
und
das Herrschaftsverhältnis zwischen Männern und Frauen. Ihnen
allen ist der Versuch gemeinsam, durch differenzen verursachte Spannungen
qua Hierarchisierung zu überwinden." (Birgit Rommelspacher: Frauen in
der Dominanzkultur)(.)(.)zurück zur liste
Feminismus
(Es gibt viele Feminismen. Deshalb unsere Arbeitsdefinition:) eine
strategische Körperpolitik, die die herrschenden
Machtverhältnisse fokussiert, angreift und untergräbt. Dies
bezieht sich vor allem auf Geschlecht (Sexismus,
Zwangsheterosexualität,
Zweigeschlechtlichkeit), explizit auch auf Ethnie, Klasse und andere
minoritäre Positionen.
(.)(.)zurück zur liste
Geschlecht
Wir verstehen Geschlecht mit Judith Butler als eine symbolische soziale
Konstruktion, über die sich Macht und Herrschaft konstituieren und
die
sich in Körpern materialisiert.
Wir gehen von der Performativität sowohl der sozialen
Geschlechtsidentität
(gender) als auch des biologischen Geschlechts (sex) aus.
Gender wird durch diskursive und performative Praktiken hergestellt,
die
in Verbindung mit normativer Zweigeschlechtlichkeit und
Zwangsheterosexualität Subjekte hervorbringen.
Sex ist Teil einer regulierenden Praxis, die die Körper herstellt,
welche
sie beherrscht, und somit ein ideales Konstrukt, das mit der Zeit
zwangsweise materialisiert wird.
Wir verstehen Gender nicht als kulturelles Konstrukt, das der
Oberfläche
der Materie (Körper, sex) auferlegt wird, sondern die
Materialität
des Körpers läßt sich nicht unabhängig von dieser
materialisierenden Norm
denken.
(.)(.)zurück zur liste
Geschlechterparodie
Die Praxis der Parodie beruht auf der Praxis von Wiederholungen, die
jedoch auch Verschiebungen des Schauplatzes und der Multiplizität
zulassen müsse, also dynamisch und nomadisch sei.
Diese thematisiert vor allem Judith Butler als Mittel für eine
queere feministische Praxis. Sie meint hiermit in erster Linie
Geschlechterparodie, die auf die Destabilisierung substantivischer
Identität und naturalisierter Heterosexualität abzielt. Dabei
betont sie die Bedeutung von Wiederholung bzw. wiederholter Einschreibung,
durch die einerseits Identitäten naturalisiert und in Körper
eingeschrieben werden, andererseits aber auch subversive Verschiebungen
möglich sind. Somit besteht die Kraft des parodistischen Modus genau
darin, die Praxis der Wiederholungen in eine politisch ermächtigende
Position umzuwandeln. (###)
Hier greift auch Sabine Harks Verständnis des stark umstrittenen
Werkzeugs in der Debatte um feministische Politikformen, der
Geschlechterparodie, welches erneut die Frage nach dem politischen Ernst
des parodistischen Spiels stellt. Hark wendet sich dem Unterschied
zwischen Wirklichem und Parodie zu, der auch einen Aspekt der
Ununterscheidbarkeit zwischen Realität und Virtualität
beleuchten kann. So besteht dieser einzig und allein "im Umgang mit der
Lüge" (Hark 125):
"Während die heteronormativen, hegemonialen Kräfte die Macht
hätten, andere der Lüge, der Imitation zu bezichtigen, um sich
dadurch selbst ins Licht der Wahrheit und der Originals zu rücken
(...), nehmen die solcherart Verworfenen die Zuschreibung der Lüge
und Fälschung an und versuchen, deren Potential auszubeuten, die
Regeln zu durchbrechen." (ebd.)
Auf dieser Grundlage beschreibt sie ihre "Huckepack-Strategie", mit
welcher auch Braidottis Herangehensweise an (feministische)
künstlerische Praxis verdeutlicht wird. Butler weiterführend
formuliert Hark: "Eingriffe in hegemoniale Ordnungen sind daher (...) nur
möglich, indem man in diese Ordnung eintritt, sich imitierend und
parodierend an den Diskurs des "Originalen" anhängt und in diesen
alternative Bedeutungen einspeist." (ebd.) Daß diese Praxis
prekär entlang der Linie Affirmation und Subversion verläuft,
führt zu oben erwähnten Debatten und zu Grabenkämpfen
zwischen "good old feminists" und Braidottis riot girls und cyber
feminists. Dies thematisiert Hark und stellt die Möglichkeiten
parodistischer Politik in Frage - doch ohne in eine Position der Ohnmacht
zu verfallen. Allerdings verdeutlicht sie mit ihrer Metapher der
Huckepack-Strategie expliziter als Butler, daß Geschlechterparodie
wenig mit revolutionärer Politik zu tun hat, sondern vielmehr ein
langwieriger Wiederholungsprozeß ist, der kein Ende haben kann und
zum Teil keine (oder die "falsche") Wirkung: "Die Politik (in) der
GeschlechterParodie wird mit Sicherheit nicht einen Umsturz der Ordnung
der Dinge, der materiellen Strukturen bewirken. Ein solcher Anspruch (...)
wäre in der Tat Ausdruck einer Omnipotenzphantasie, die die
Schwerkraft der Geschlechterverhältnisse unterschätzt." (135)
Dennoch setzt sie auf die Möglichkeiten, welche Praktiken wie z.B.
Camp und Butch/Fem-Inszenierungen bieten, für eine Politik, die die
Wahrnehmungsprinzipien zu verändern versucht, "mit denen wir die
soziale Welt konstruieren und sinnvoll machen". (124)
(.)(.)zurück zur liste
Hybridität
eine uneindeutige, unreine Vermischung.
(.)(.)zurück zur liste
kontingent
zufällig, aber nicht beliebig, immer einer historisch-politischen
Konstruktion unterliegend
Donna Haraway betont besonders den
Unterschied
zwischen Beliebigkeit - die ihr zuwider ist - und Kontingenz: "Zu sagen,
die Dinge hätten anders sein können, ist nicht dasselbe wie zu
sagen, sie
seien beliebig." (Haraway 1995a: 109)
Judith Butler führt diesen
Begriff in die Diskussion um Feminismus und Postmoderne ein und
begründet
damit eine Möglichkeit zu feministischer Handlungsfähigkeit
trotz der
diskursiven Konstruktion von Geschlecht. Sie wendet sich damit gegen die
vielen Vorwürfe (Mißverständnisse...) im Sinne: "Wenn
alles Diskurs ist,
haben dann auch die Körper keine Realität? Und wie können
wir dann die
materielle Gewalt begreifen, die Frauen erleiden?..". Feministische
Politik findet auf "kontingenten Grundlagen" statt - und ist nicht
beliebig... (Butler 1993: 31ff)
(.)(.)zurück zur liste
Politik
Nach Arendt entsteht Politik in dem Zwischen-den-Menschen. Dies besagt,
daß politische Identitäten keine natürlichen sind, sondern
ausgehandelte.
Problematisch finden wir hierbei, daß diese Vorstellung von Politik
von
einem souveränen Menschenbild, von einem handlungsfähigen, sich
selbst
gewissen Subjekt ausgeht.
Die politische Identität ist Ergebnis performativer Akte. Politik
ist der
Kampf um Bezeichnungsmacht, der Kampf um den Prozeß der Konstruktion
und
Materialisierung von Identität.
Die Subsumierung einzelner unter totalisierend gedachte
Identitäten -
Geschlecht, Ethnie,...- sowie die Konstitution politischer Gemeinschaften
auf dieser Basis bedeutet die Zerstörung des politischen Raums.
Ein für uns positiv besetzter Begriff von Politik (mit Butler,
Hark und
Foucault) geht von der Möglichkeit minoritärer
(antitotalitärer) Politik,
die durch den perforamtiven Charakter des Diskurses gegeben ist, aus.
Somit sehen wir Politik als die Anstrengung, die Wahrnehmungsprinzipien zu
verändern, mit denen wir die soziale Welt konstruieren und sinnvoll
machen. Sie ist die Infragestellung und Veränderung naturalisierter
sozialer Wirklichkeiten.
Somit ist der Kampf um die Bezeichnungsmacht zum Beispiel in queerer
und
feministischer Politik die Desidentifizierung mit jenen regulierenden
Normen, durch die sexuelle Differenz materialisiert wird.
Politik ist Handeln, das immer als politisches Handeln verstanden wird.
Hier stellt sich die Frage nach der Handlungsfähigkeit/agency. Diese
setzt
voraus, daß Machtstrukturen erkannt und benutzt werden.
Sie kann/muß anti-essentialistisch, minoritär, kurzfristig,
parodistisch,
rauschend sein...
(.)(.)zurück zur liste
Postmoderne
Judith Butler versucht sich einer Definition des Begriffs zu verweigern,
da eine Kategorisierung der Postmoderne modern wäre und auf die PoMo
nicht
anwendbar.
Dennoch spielt sie ihr übliches Fragespiel auch mit der PoMo, und
schneidet so die relevanten Aspekte an:
"Zweifellos ist die Frage nach der Postmoderne wirklich eine Frage, denn
gibt es überhaupt so etwas, was man Postmoderne nennt?
Und handelt es sich eigentlich um eine geschichtliche Bestimmung oder eine
theoretische Position?
Was bedeutet es, wenn ein Begriff, der ursprünglich eine bestimmte
ästhetische
Praxis beschrieb, nun auf die Gesellschaftstheorie, besonders auf die
feministische Gesellschafts- und Politiktheorie, bezogen wird?
Wer sind diese Postmodernen?
Ist "postmodern" ein Name, den man sich selbst zulegt, oder wird dieser
Titel eher jemandem zugeschrieben, wenn er oder sie eine Kritik des
Subjekts oder eine Diskursanalyse vorlegt oder auch die Integrität
und
Kohärenz der totalisierenden Gesellschaftsbeschreibungen in Frage
stellt?"
(Judith Butler "Kontingente Grundlagen: Der Feminismus und die Frage der
"Postmoderne"")
Einen Versuch einer positiv-Bestimmung unternimmt Rosi Braidotti:
"Für mich bezeichnet der Postmodernebegriff die spezifische
historische Situation
post-industrieller Gesellschaften nach dem Untergang der
Hoffnungen und Tropen der Moderne. (...) Dabei geht es vor allem, aber
nicht
ausschließlich, um ein Problem der westlichen Welt. Denn das
entscheidende Merkmal der
Postmoderne ist eigentlich der transnationale Charakter ihrer Wirtschaft
im Zeitalter
des Untergangs des Nationalstaats. Sie handelt von der ethnischen
Mischung im Strom der Welt-Migration: einem unendlichen
Hybridisierungsprozeß bei zunehmendem Rassismus und steigender
Fremdenfeindlichkeit im
Westen. Ferner handelt Postmoderne von einem gewaltigen Schub in Richtung
einer "Dritte-Welt-Werdung"
der "ersten" bei fortgesetzter Ausbeutung
der "dritten" Welt. Sie handelt vom Untergang der einstigen sogenannten
"zweiten"
Welt, des kommunistischen Blocks, und von der Wiederkehr einer
"Balkanisierung" des gesamten ost-europäischen Blocks."
(Rosi Braidotti "Cyberfeminism with a difference")
Hierbei ist jedoch anzunehmen, daß den verschiedenen
Herangehensweisen von Braidotti und Butler
zwei im Englischen verschiedene Postmoderne-Begriffe zugrunde liegen, die
im Deutschen zu einem verschmelzen:
"postmodernity" als Epoche und "postmodernism" als Stilmittel, Methode
bzw. Denkrichtung.
(.)(.)back to list
Raum
Raum ist immer ein vergeschlechtlichter, solange er als eine
Sphäre der
Öffentlichkeit, Privatheit und der Körper verstanden wird.
Raum ist immer ein politischer, und Politik findet nur in Räumen
(zwischen
den Menschen/Körpern) statt. Politischer Raum basiert auf
Pluralität bzw.
individueller Verschiedenheit, also der gleichzeitigen Anwesenheit
zahlloser Aspekte und Perspektiven.
Raum, der oft als materiell und somit antispekulativ gesetzt wird, ist
unserer Meinung durchaus konstruiert und von Macht durchdrungen. Nicht
zuletzt wird dies deutlich mit dem "Auftauchen" des Cyberspace, der die
Frage nach der Unterscheidung zwischen materiellen und virtuellen bzw.
realen und imaginierten Räumen neu stellt.
Bourdieu unterscheidet zwischen physischem Raum und sozialem
angeeigneten
Raum, wobei er unter sozialem Raum eine Struktur des Nebeneinanders
sozialer Positionen versteht, deren Realität in den physischen Raum
eingeschrieben wird. Wir verstehen das so, dass der physische Raum,
genauso
wie das biologische Geschlecht, erst durch die soziale Aneignung
materialisiert wird.
Somit gibt es keinen Raum der nicht hierarchisiert bzw. vergeschlechtlicht
ist. Nur werden diese Hierarchien durch den Naturalisierungseffekt, den
der Prozeß der wiederholten Einschreibung hervorbringt,
verschleiert.
Die Fähigkeit, den angeeigneten Raum zu dominieren hängt vom
jeweiligen
Kapital ab (ökonomisch, kulturell, sozial; nach Bourdieu).
(.)(.)zurück zur liste
Science und Social Fiction, feministische
Schreiben an der Grenze zwischen gesellschaftlicher Wirklichkeit und
Fiktion, wodurch die gesellschaftliche Wirklichkeit selbst als Fiktion
sichtbar wird. Ein Schreiben, das den Wunsch nach unschuldiger Ganzheit
abweist; ein Spiel mit Identitäten, Grenzen und Verbindungen
(.)(.)zurück zur liste